Dienstag, 18. Oktober 2022

STARTUP STORY: TelemetryDeck GmbH - von der Idee zum Produkt, was man bei Finanzierungsrunden beachten sollte und wie es ist, in Augsburg zu gründen.

Wer nicht gerne seine Nutzer ausspähen lassen oder mit dem Traktor über die Datenautobahn fahren möchte, braucht eine gute Alternative! Die TelemetryDeck GmbH entwickelt ein Tracking Tool für App-Entwickler:innen, welches ganz ohne personenbezogene Daten der Nutzer:innen auskommt. Lisa Figas, Mitgründerin und Geschäftsführerin der TelemetryDeck GmbH, hat uns von ihrer Startup-Reise und den Herausforderungen bei der Gründung und Finanzierung des eigenen Unternehmens erzählt.

Lias Figas und Daniel Jilg bauen zusammen das Augsburger Startup TelemetryDeck auf.

Lias Figas und Daniel Jilg bauen zusammen das Augsburger Startup TelemetryDeck auf.

Wann seid ihr mit eurer Idee gestartet und wie war eure bisherige Reise mit TelemetryDeck?

 

Daniel hat 2020 damit angefangen, an TelemetryDeck zu arbeiten, weil er als langjähriger App-Entwickler immer wieder das Problem hatte, dass es kein Tracking Tool gibt, das die Privatsphäre der App-Nutzer:innen respektiert. 2021 stand dann fest, dass die Software so viel Interesse weckt, dass aus dem Projekt ein Unternehmen werden soll. Deshalb bin ich im Sommer desselben Jahres dazugestoßen. Zuerst gab es eine public beta Version, die bereits viel Aufsehen erregt hat und seit September 2021 sind wir mit einer Bezahlversion am Start. Ziemlich genau 12 Monate später haben wir unsere Pre-Seed-Runde abgeschlossen und können uns nun beide in Vollzeit auf das Unternehmen konzentrieren.

 

Was waren eure größten Herausforderungen und Erfolge in den letzten Monaten?

 

Wir konnten schon verschiedene Meilensteine feiern, wie zum Beispiel die tausendste Organisation, die TelemetryDeck für ihre App einsetzt. Jetzt warten wir darauf, dass bald das milliardste Signal aus einer der Apps, in denen unsere Software eingebunden ist, unseren Server erreicht. Und natürlich war die Finanzierungsrunde ein riesiger Erfolg für uns – und gleichzeitig auch die größte Herausforderung. Die Reise ins Fachgebiet Gesellschaftsrecht hat sich für uns Laien wie ein kleines Jurastudium angefühlt.

 

Was hat euch motiviert, eure Idee als Unternehmer:innen zu verfolgen und TelemetryDeck zu gründen?

 

Das ist ganz klar das eigene Erleben, dass ein Produkt wie TelemetryDeck auf dem Markt gefehlt hat. App-Entwickler:innen hatten bisher nur schlechte Optionen. Es gab vor uns nur Produkte, die Daten der Endnutzer:innen sammeln und für Werbezwecke nutzen. Wer das nicht wollte, konnte entweder ein Tool zweckentfremden, das für Webseiten gebaut wurde (das ist dann ein bisschen wie Traktor fahren auf der Autobahn), oder komplett auf Tracking verzichten. Im ersten Moment klingt der Verzicht vielleicht naheliegend, aber dann fehlen eben wichtige Informationen darüber, wie die Nutzer:innen die App verwenden. Und diese Informationen braucht man, um die App zu optimieren. Der große Zuspruch aus der Entwickler-Community gibt uns recht: Die Zeit ist reif für Analytics ohne personenbezogene Daten.

 

Wie teilt ihr euch die Aufgaben im Gründungsteam auf und wie geht ihr mit (vielleicht) fehlendem Know-how um?

 

Daniel hat als Ideengeber den Überblick über die Produktentwicklung und die Features. Er leitet unser Team und betreut die Entwickler-Community auf Twitter und Slack – unsere wertvollsten Informationsquellen und der direkte Draht zu den Anwender:innen. Ich kümmere mich um alle Verwaltungsangelegenheiten und betreue das Marketing. Wir probieren gerade herum, wie wir unsere jeweiligen Stärken im Rahmen unserer Sales Strategie einsetzen. Was uns fehlt, lernen wir gerade fleißig in Webinaren und Workshops. Dazu gibt es etliche Angebote vom DZ.S. Ich bin auch Mitglied im VDU, dem Verband deutscher Unternehmerinnen. Dort gibt es ebenfalls tolle Angebote, wie ein Bootcamp zum Thema Finanzen oder Talks zu aktuellen Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht. Und natürlich können wir auf das Know-how und das Netzwerk unserer Angels zurückgreifen.

 

Ihr konntet gerade eine Finanzierungsrunde abschließen, die euch die weitere Entwicklung im Unternehmen ermöglicht. Was war das für eine Erfahrung und was waren eure spannendsten Learnings dabei?

 

Wir waren nicht darauf vorbereitet, wie umfangreich die Vertragswerke rund um die Finanzierung sind und wie viele unterschiedliche Dokumente dazugehören. All diese Dokumente mussten mit Anwältinnen und Anwälten ausgearbeitet und mit den Business Angels abgestimmt werden. Dazu haben wir zwei Tipps. Das eine ist, dass man sich wirklich jemanden suchen sollte, der das schon ein paarmal gemacht hat und sich auch die Zeit nimmt, die Klauseln zu besprechen. Denn die Entscheidungen, die man da trifft, haben unter Umständen in einigen Jahren wirklich große Auswirkungen. Wir hatten zum Glück eine tolle Kanzlei, die uns durch das DZ.S empfohlen wurde. Das zweite Thema ist die Zeit. Der ganze Prozess hat sich deutlich länger hingezogen, als wir zunächst angenommen hatten. Da kamen verschiedene Dinge zusammen, wie Korrekturschleifen, Verfügbarkeiten, Urlaubszeiten, usw. Dafür sollte man unserer Erfahrung nach einige Wochen einplanen und nicht auf Kante planen, was Gehälter und andere Zahlungsverpflichtungen anbelangt.

 

Wo steht euer Produkt aktuell und was sind eure Ziele für die nächsten Monate?

 

TelemetryDeck besteht aus zwei Bereichen. Das eine ist die Analysesoftware. Hier können wir den App-Anbietern sehr viele Informationen über die Nutzer:innen und deren Verhalten sowie etliche Informationen über die Geräte und andere Metadaten geben. Dieser Teil der Software ist fertig und, wie gesagt, bereits seit über einem Jahr am Markt. Den zweiten Bereich, den Advisor, bauen wir gerade auf. Hier geben wir den App-Entwicklerinnen und Entwicklern konkrete Verbesserungstipps für die Optimierung der App. Dafür nutzen wir Statistische Analysen und Machine Learning. Wir füllen damit eine Lücke am Markt, denn es gibt derzeit zu wenig Menschen, die als Data Scientist arbeiten und viele App-Anbieter können sich eine solche Position auch gar nicht leisten. Mit unseren automatisierten Vorschlägen wollen wir unseren Kunden einen riesigen Vorsprung bringen. Daran arbeiten wir dank der Finanzierung nun intensiv.

 

Das Start-up Ökosystem in Augsburg wächst und ist in aller Munde. Wie habt ihr die Unterstützung in Augsburg wahrgenommen? Was hat euch besonders geholfen und wo bestehen vielleicht noch Lücken?

 

Wir haben sehr positive Erfahrungen mit den Angeboten gemacht. Da gab es Pitch Training, Tipps zum Pitch Deck, Kontakte zu Business Angels und Institutionen wie Bayern Kapital. Wir haben auch das roots-Coworking im DZ.S genutzt und konnten sehr von den Veranstaltungen profitieren. Besonders positiv in Erinnerung sind uns das DZ.S Summer Networking und das Rocketeer Festival geblieben. Beide Events waren perfekt für das Networking und haben viel Spaß gemacht. Und auch auf der persönlichen Ebene gab es Zuspruch und Aufmunterung zur rechten Zeit. Das hat uns sehr geholfen, wenn es mal nicht so gut lief.

 

Was würdet ihr anderen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, das ihr gerne vorher gewusst hättet?

 

Es ist normal, dass es Rückschläge gibt. Ein Nein ist in der Regel kein Nein zu dir als Person, sondern ein Nein zu der Business Opportunity. Und an alle, die neben der Gründung noch andere Herausforderungen haben, wie zum Beispiel Kinder, sollten sich gleich zu Anfang klarmachen, wer zum eigenen Team gehört, auf wen man sich verlassen kann, und wen man um Hilfe bitten kann. Das geschäftliche Netzwerk haben viele ganz oben auf der Prio Liste, aber das persönliche Netzwerk, das dir im Alltag hilft, ist mindestens genauso wichtig.

 

Wie schafft ihr den Spagat zwischen Startup-Life und Privatleben? Habt ihr besondere Tricks, um abzuschalten und aufzutanken?

 

Wir legen beide Wert darauf, Pausen zu machen und Sport zu treiben. Das steht fest im Kalender. Der Sinn dahinter ist, dass wir nur dann leistungsfähig sind, wenn es uns gut geht. Ich habe nichts davon, wenn Daniel im Burnout ist, und Daniel kann nichts mit mir anfangen, wenn ich mit dem Kopf ständig woanders bin. Deshalb respektieren wir die Grenzen des anderen und erinnern uns auch gerne mal gegenseitig daran Feierabend zu machen. Ich für meinen Teil profitiere sehr davon. Oft kommen mir bei anderen Tätigkeiten wie Kochen oder Joggen gute Ideen, die ich dann – Dank Smartphone – unkompliziert festhalten kann.